Predigt zum Gründonnerstag 2025 in der Magdalenenkirche

Predigt zum Gründonnerstag 2025 in der Magdalenenkirche

Predigt zum Gründonnerstag 2025 in der Magdalenenkirche

# Predigten CN

Predigt zum Gründonnerstag 2025 in der Magdalenenkirche

Predigttext: 1 Kor 11, 23-26

Liebe Gemeinde!

 „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ - so lautet eine alte Spruchweisheit, die schon bei Martin Luther reichlich bezeugt ist. Zurück geht sie wahrscheinlich aber schon auf die Zeit der Minnesänger des Mittelalters. Die lebten davon, dass sie die reichen und mächtigen an den Höfen mit ihrer Musik erfreut – zu Festen, Krönungen oder einfach auch allen möglichen Gelagen. Dass da die Lieder nicht nur erfreuen, sondern möglichst auch den Auftraggeber in bestem Licht darstellen sollten, versteht sich von selbst. Arbeitsverträge, Tarifbindungen oder gar eine MAV für Minnesänger hat es damals nicht gegeben. Um von der eigenen Kunst zu leben, hing also am Wohlgefallen der Menschen, in deren Dienst man gerade stand. „Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing.“

Heute, am Gründonnerstag, dem Tag der Erinnerung des letzte Gemeinschaftsmahl geht es auch ums Brot und vermutlich geht es auch um die Lieder – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn – die da gesungen werden.

Zunächst geht es beim Abendmahl um ein Erinnerungszeichen. Der Maler Leonardo da Vinci hat es in einem Fresko in der Kirche Santa Maria delle Grazie in Mailand gemalt, mit Christus als Zentralfigur, auf die alle Linien und alle Bildinhalte konzentriert sind. Es ist vielleicht das klassische Bild des Abendmahls geworden.

Als Erinnerungszeichen soll die Geschichte vom letzten Mahl Jesu in Freiheit mit den Seinen an den Weg erinnern, den er für uns gegangen ist. In diesem Weg, in diesem für uns des Lebens, Sterbens und Auferstehens Jesu wird uns Leben, das stärker ist als der Tod erschlossen. Das ist entscheidend, mehr als jede knifflige theologische Debatte, was das Abendmahl sonst so zu bedeuten hat. Um Lebensbrot geht es, um Gemeinschaft, um Lebenskraft und Zuversicht über alle Abschiede hinaus. Daraus entsteht eine Gemeinschaft, die Eine Gemeinschaft, die zusammen isst, ein Mahl hält. Eine Gemeinschaft, in der die Unterschiede in Christus gerade nicht zählen sollen, in der die Menschen unabhängig von ihrer Geschichte und ihren Prägungen zusammengehören. Wovon wir leben, wessen Brot wir essen, das ist das Thema dieses Gründonnerstags.

Wie unterschiedlich in ihren Gefühlen und Lebenslagen die Menschen sind, die sitzen, das hat auch da Vinci zu malen versucht – natürlich mit den Mitteln und Vorstellungen seiner Zeit. Gemalt ist wohl die Szene, in der Jesus ankündigt, dass einer der Jünger ihn verrät. Das Bild zeigt also nicht einfach eine idyllische Mahlgemeinschaft.

In Dreiergruppen sind die Jünger da angeordnet. Ganz links die drei zeugen sich erstaunt, ja überrascht, über das was Jesus sagt und tut. Die drei genau links neben Jesus – wohl der Verräter Judas, dann Petrus und direkt neben Jesus der Lieblingsjünger Johannes reagieren unterschiedlich auf die Worte Jesu, bei denen es eben auch um die Ankündigung des Verrates geht. Judas – Halbschatten sitzend und am Geldbeutel erkennbar - wendet sich ab und versucht sein Haupt zu verbergen. Petrus redet mit Johannes, dem Lieblingsjünger Jesu, der mich sich und der Welt im Reinen ist. Niemand wird ihn verdächtigen.

In der Mitte, hervorgehoben durch die mathematisch genau berechnete Zentralperspektive des einfallenden Lichtes sitzt Jesus. Die von uns aus linke Hand ist tätig-schöpferisch gezeichnet, die rechte Hand nach oben geöffnet empfangend-darbringend dargestellt. Er ist die entscheidende Figur, Brotgeber und Lebensspender. Bisher, so schien es jedenfalls, haben die Jünger nicht nur sein Brot gegessen, sondern – begeistert und ohne irgendeinen Zwang – auch sein Lied gesungen, waren erfüllt von der Zeit mit ihm

Rechts von Jesus dann wieder eine Dreiergruppe, deren Gesichter Zorn und Fragen ausdrücken. Ganz links schließlich drei weitere Jünger, die das eben gehörte hitzig miteinander diskutieren.

Leonardos Bild ist auch so ein Erinnerungszeichen. Es erinnert auch an mehr als an ein bloß das Abendmahl als gelegentlicher Teil der gottesdienstlichen Feier. Für Jesus war vielmehr das gemeinsame Essen und Trinken, die Mahlgemeinschaft ein ganz wichtiges Merkmal seiner Botschaft, ja ein Abglanz himmlischer Gemeinschaft. In dieser Mahlgemeinschaft des Essens verschränkte sich der Alltag mit dem Außeralltäglichen, der Transzendenz, der Gotteserfahrung. Es ist die Gemeinschaft eines grundgütigen Gottes, in der menschliche Schranken fallen, ja überschritten werden und die gesellschaftlichen Triggerpunkte, an denen Menschen sich entzweien, keine Rolle mehr spielen. Diese Bedeutung geht allen theologischen Debatten über Details des Abendmahls oder Vorstellungen von Opfer und Blutvergießen voraus. An genau diese Gemeinschaft will Jesus erinnern, diese Bort soll weiter gegessen und dieses Lied, das sich in tätiger Liebe zeigt, weiter gesungen werden.

Dass diese Gemeinschaft immer auch gefährdet ist, zeigt auch Leonardos Bild. Aber die Gefährdung gehört zum Sein in der Welt hinzu.

„Wes Brot ich ess, dessen Lied ich sing.“ Gründonnerstag als Erinnerungszeichen, auch für mich. Welches Brot esse ich eigentlich? Wo ist – neben allem was ich tun muss – mein Lebensbrot, mein Sinn? Wovon sprudele ich über, welches Lied singe ich so gerne, welches nur, weil ich muss?

Als Christinnen und Christen, mit unterschiedlichen Aufgaben und Berufen, leben wir von diesem Lebensbrot, versuche wir dieses Lied in unseren Stimmlagen zu singen. Auf dem Bild von Leonardo sind wir dabei immer verschiedene Menschen. Mal fragen, mal diskutierend, mal andächtig lauschend, manchmal vielleicht auch sich abwendend. Immer aber auch als die, die sich – allein und in Gemeinschaft – diese Frage besinnen: Was ist mir das Lebensbrot, dass was mit Sinn und Halt und manchmal auch Erfüllung gibt. Diese Tage in der Karwoche und Ostern, sie erinnern uns daran und halten unser Fragen und Sehnen wach.

Wessen Brot essen wir eigentlich?

Amen.

Predigt als PDF

Dies könnte Sie auch interessieren

0
Feed