Gedenkstätte NS-Zwangsarbeit für die Evangelische Kirche

Friedhofslager Berlin-Neukölln

Die Evangelische Kirche betrieb auf dem Friedhof der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinde in der Hermannstraße von 1943 bis 1945 das deutschlandweit vermutlich einzige Lager für NS-Zwangsarbeiter in kirchlicher Verantwortung. Rund 100 - vor allem jugendliche - Menschen aus der Sowjetunion, überwiegend aus der Ukraine, lebten hier in dieser Zeit unter unwürdigen Bedingungen und mussten auf kirchlichen Friedhöfen im gesamten Stadtgebiet arbeiten. Am 24. April 1945 erreichte die Rote Armee die Hermannstraße und befreite die Zwangsarbeiter.
Die Existenz des Lagers wurde lange verdrängt und ignoriert. Erst mit der Diskussion um Entschädigung für Zwangsarbeiter im Jahr 2000 hat die Aufarbeitung der Geschichte des Ortes begonnen. Eine Initiative aus dem Kreis der ehemals beteiligten Gemeinden nahm Kontakt zu ehemaligen Zwangsarbeitern auf und bemühte sich um Aufarbeitung und Versöhnung.

Jährlich am Volkstrauertag versammeln sich Berliner Christen*innen an einem Gedenkstein auf dem Friedhof, um sich der daraus erwachsenen Verantwortung zu stellen und an das Schicksal der Zwangsarbeiter zu erinnern.

Am Volkstrauertag 2022 eröffnete Bischof Christian Stäblein auf dem evangelischen Friedhof Jerusalem V in Neukölln die „Gedenkstätte NS-Zwangsarbeit für die Evangelische Kirche - Friedhofslager Berlin-Neukölln“.
Die Gedenkstätte macht den ehemaligen Lagerstandort am Rande des Friedhofs als Erinnerungsort sichtbar. Die Überreste der Wohn- und Wirtschaftsbaracken, die bei archeologischen Ausgrabungen entdeckt wurden, sind hier freigelegt. Auch die Umrisse eines Kartoffelkellers und eines Kohleschuppens sind wieder deutlich erkennbar. Ein Splitterschutzgraben diente den Zwangsarbeitern, denen der Zugang zu Luftschutzbunkern verwehrt war, als notdürftiger Bombenschutz.

Neben den freigelegten Überresten des Lagers informieren Stelltafeln über die Geschichte des Ortes und machen über QR-Codes weiterführende Informationen zugänglich. Freistehende Stelen erinnern mit Portraits und Kurzbiografien an die elf Zwangsarbeiter, die namentlich bekannt sind.
Mit der Gedenkstätte möchte die Evangelische Kirche einen dauerhaften Raum für das Gedenken an die Opfer schaffen und hier über die unterschiedlichen Formen kirchlicher Zwangsarbeit informieren. Sie übernimmt damit Verantwortung für die kirchliche Beteiligung an den nationalsozialistischen Verbrechen der Zwangsarbeit.


Bereits seit 2010 erinnert ein Ausstellungspavillon auf dem St. Thomas Friedhof an das Schicksal der kirchlichen Zwangsarbeiter. Im Zentrum der Ausstellung stehen zehn ehemalige kirchliche Zwangsarbeiter, die seit 2001 in der Ukraine und Russland gefunden wurden. In ihren Äußerungen spiegelt sich der Alltag als Zwangsarbeiter, ihre Erzählungen handeln von außergewöhnlichen Ereignissen. Vier von ihnen werden portraitiert. Ihre Lebenslinien führen bis in die Gegenwart.
(Foto Pavillon: Gerlinde Lachenicht)

Die biographischen Tafeln sind hinter der Glasfassade des Pavillons so angebracht, das sie von außen sichtbar sind.
Weitere Tafeln im Inneren behandeln die Themen Krieg gegen die Sowjetunion, Zwangsarbeitereinsatz als Verbrechen, Hunger und Krankheit, Arbeit auf den Friedhöfen, Planer, Betreiber und Konzeption des Lagers, Verantwortung heute und Begegnungen mit ehemaligen Zwangsarbeitern.

Die 14 Ausstellungstafeln sehen Sie hier.
Adressen

Gedenkstätte NS-Zwangsarbeit für die Evangelische Kirche - Friedhofslager Berlin-Neukölln:
Friedhof der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinde, Hermannstr. 84-90, 12049 Berlin
Zugang über den Grünen Weg
Pavillon mit Ausstellung: St.-Thomas-Friedhof, Hermannstr. 179-185, 12049 Berlin
Besichtigung/Führungen: vereinbaren Sie bitte unter info@kirchliches-zwangsarbeiterlager.de 

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Kontakt zum Verein

Verein zum Erhalt der Gedenkstätte für das NS-Zwangsarbeiterlager Berliner Kirchengemeinden e. V.

Annette Wodinski
c/o ELAB, Bethaniendamm 29, 10997 Berlin
info@kirchliches-zwangsarbeiterlager.de

Beauftragte für Erinnerungsarbeit

 

Pfarrerin Dr. Sophie Tätweiler

zur Zeit in Elternzeit
Telefon 0151 40 38 33 11 | sophie.taetweiler@gemeinsam.ekbo.de