Die Parabrahm-Orgel in der Kirche Eichwalde

Orgelwerkstatt Friedrich Weigle / Echterdingen / Baujahr 1908

Die sogenannte Parabrahm-Orgel von 1908 in der Kirche Eichwalde ist ein Instrument, dass nach dem vom Berliner Organisten Schmidt erfundenen System, unter der Verwendung von Seraphonstimmen, geschaffen wurde. Neben den Hochdruckpfeifen ist das in die Orgel eingebaute Harmonium charakteristisch. Es war die erste Orgel dieser Art in Deutschland. Zwei weitere Instrumente wurden danach noch gebaut, die aber heute nicht mehr existieren.

Die Orgel kommt aus der Werkstatt Friedrich Weigle in Echterdingen das Harmonium aus der Werkstatt Schiedmeyer aus Stuttgart. 2002 erfolgte die Restaurierung der Parabrahm- Orgel durch die Werkstatt Christian Scheffler aus Sieversdorf. Das in der Orgellandschaft einmalige Instrument verfügt über “nur” 9 Register auf 3 Manualen, (eines davon das Harmonium) 458 Pfeifen und zahlreiche Spielhilfen und Schweller. Der Klangumfang reicht so für ca. 60 Register. Während des 1. Weltkrieges wurden die Prospektpfeifen für Kriegszwecke entfernt, eingeschmolzen und durch sogenannte stumme Pfeifen ersetzt. Der Kirchenchor spendete nach Kriegsende die heute noch zu sehenden Orgelpfeifen.

Manche nennen sie ein Unikat, andere sprechen von einem Unikum. 1908 gemeinsam mit der Kirche erbaut, fügt sich die Orgel in ihrem im Jugendstil gestalteten Prospekt in die Gründerzeit-Architektur des Kirchengebäudes ein. Im Gegensatz zu dem farbigen Werkcharakter der Barockorgel wurde als Klangbild die Nachahmung des expressiven Orgelklangs angestrebt. Bei der Eichwalder Orgel versuchte man, möglichst viele der Effekte und Spielmöglichkeiten der großen Orgeln mit sehr viel weniger Pfeifen, dafür aber mit vielen Spielhilfen zu erhalten. Nur über ganze neun (!) Register und 458 Pfeifen verfügt die Orgel.

Dafür besitzt sie folgende Besonderheiten:

    • Drei Seraphon-Register, das sind von der Orgelbaufirma Weigle aus Echterdingen patentierte Hochdruckpfeifen mit einem kräftigen unverwechselbaren Klang.

    • Das dritte Manual ist nicht als Orgelwerk, sondern als Harmonium gebaut. Die Fa. Schiemeyer aus Stuttgart hat es gebaut. Die Lautstärke ist durch die beiden (Bass und Diskant) großen Schweller stufenlos regelbar.

    • Vollkommen einmalig ist die Basstuba mit ihrem kräftigen Klang. Sie ist zum Teil eine Transmission der Tuba mirabilis (das bedeutet: dieselben Pfeifen klingen als Manual- oder Bassregister).

    • Es wurden viele Oktavkoppeln eingebaut. Der angeschlagene Ton wird eine Oktave höher oder tiefer verdoppelt. Somit wird eine Klangfülle erreicht, für die sonst zahlreiche zusätzliche Register nötig wären.

    • Alle Manuale der Orgel sind schwellbar, lassen sich also stufenlos in ihrer Lautstärke verändern.

    • Ein pneumatischer Registerschweller ermöglicht dem Spieler auf 9 feste Register schnell zugreifen zu

    • können.

    •  Von pppppp bis ffffffff!

Auf jeden Fall hat die Orgel einen ganz eigenen, unverwechselbaren Charakter, der bisher jeden Hörer und Spieler völlig überraschte. Nach der aufwendigen Restaurierung im Jahr 2002 durch die renommierte Orgelwerkstatt Christian Scheffler in Sieversdorf erklingt das Instrument wieder in seiner ganzen Schönheit in den Gottesdiensten und zu Konzerten. Organisten, die auf der Eichwalder Orgel spielten, sind von den vielfältigen Improvisationsmöglichkeiten und der Eigenartigkeit des Klangs nachhaltig beeindruckt.

Disposition

I Manual - Hinteres Schwellwerk: C - f4

    • Doppelflöte 8'

    • Seraphon-Gambe 8'

    • Seraphon-Prionzipal 8'

    • Oktave 4'

    • Quinte 2 2/3

II Manual - Vorderes Schwellwerk: C - f4

    • Seraphon Gedackt 8'

III Manual - Harmonium: C - f4

Diskant

    • Gambe 16'

    • Vox humana 16'

    • Violine 8'

    • Geigenorchester 8'

    • Oboe 8'

    • Flöte 8'

Tonmoderator
Tonschweller
Forte Fixe

Bass

    • Violon 16'

    • Echobass 16'

    • Violoncello 8'

    • Geigenorchester 8'

    • Tuba mirabilis

    • Horn 8'

    • Posaune 8'

Pedal: C - f1

    • Gedacktbass 16'

    • Prinzipalbass 16'

    • Basstuba 16'

Koppeln:

    • Normalkoppeln:  I/II, II/III, I-Pedal, II-Pedal, III-Pedal

    • Superoktavkoppeln: I, II/I, III/I

    • Suboktavkoppeln: I, II/I

Spielhilfen:

    • Feste Kombination (FF mit Auslöser (Drücker))

    • Tutti III. Manual

    • Registerschweller als Tritt

    • Schwelltritte für I. und II. Manual

    • Expressionstritte für das Harmonium

Foto Spieltisch: Manuela Köhler, weitere Fotos und Text: Peter Aumeier und Burkhard Fritz