„VIELE FAMILIEN LEBEN AUF ENGSTEM RAUM“ - Über die Situation geflüchteter Menschen in der Coronakrise

„VIELE FAMILIEN LEBEN AUF ENGSTEM RAUM“ - Über die Situation geflüchteter Menschen in der Coronakrise

„VIELE FAMILIEN LEBEN AUF ENGSTEM RAUM“ - Über die Situation geflüchteter Menschen in der Coronakrise

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„VIELE FAMILIEN LEBEN AUF ENGSTEM RAUM“ - Über die Situation geflüchteter Menschen in der Coronakrise

Wie geht es geflüchteten Familien in Zeiten der Coronakrise? Diese Frage trieb Claudia Eichhorst, Beauftragte für Flucht und Integration im Kirchenkreis, in den letzten Wochen um. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Mounaim Katir unterstützt Claudia Eichhorst den Kirchenkreis und seine Gemeinden in der Flüchtlingsarbeit und berät geflüchtete Menschen auch direkt. Einige der Familien aus Syrien, Pakistan oder dem Iran begleitet sie bereits seit mehreren Jahren. Sie fragte per E-Mail und Telefon persönlich bei ihnen nach – und sprach auch mit der 18-jährigen Munifa, die in der kommenden Woche die Prüfung für ihren Mittleren Schulabschluss machen muss.

Als ich letzte Woche zu einigen der uns schon jahrelang bekannten Familien mit Fluchterfahrung Kontakt aufnahm, war ich ganz gerührt: Viele von ihnen waren zunächst einmal vor allem daran interessiert, zu erfahren, wie es mir gerade geht. Das fand ich schon bemerkenswert.

Dabei sind sie gerade im Moment in keiner einfachen Situation. Allgemein hatte ich zwar den Eindruck, die meisten Familien mit Fluchterfahrung, die schon in einer Wohnung leben, kommen mit den neuen Gegebenheiten irgendwie zurecht. Aber die Situation mit mehreren Kindern zu Hause ist sehr schwierig - wie bei fast allen Familien. Viele der Familien leben auf engstem Raum zusammen und alle hoffen sehr, dass ihre Kinder bald wieder die Schulen und die Kitas besuchen können. Belastend für einige Eltern ist auch die Situation mit dem sogenannten "Homeschooling". Gerade, wenn sie noch keine ausreichenden Deutschkenntnisse haben, um ihre Kinder bei den Schularbeiten unterstützen zu können, ist die Frustration auf beiden Seiten groß.

In dieser Situation bleibt mir leider nicht viel Anderes zu tun, als über das Handy oder über E-Mails in Kontakt zu bleiben, zu begleiten und zu beraten - und damit zumindest ein Anker zu sein, in Zeiten in denen vieles unklar ist. So sprach ich auch mit der 18-jährigen Munifa aus dem Irak. Sie lebt seit 2015 mit ihrer Familie in Tempelhof und steht direkt vor dem Mittleren Schulabschluss (MSA). Über ihre aktuelle Situation erzählte sie mir Folgendes:

Claudia Eichhorst: Wie geht es dir und deiner Familie in Zeiten von Corona?

Munifa: Keiner, den wir kennen, hat bis jetzt Corona. Aber wir machen uns Sorgen, weil meine Oma und mein Vater Diabetes haben und zu der Risikogruppe gehören. Deshalb müssen wir aufpassen, dass wir sie nicht anstecken. Wir sind die ganze Zeit zu Hause, nur meine Mutter geht manchmal einkaufen. Meinen Geschwistern und mir ist natürlich langweilig, besonders bei dem schönen Wetter. Manchmal machen wir vor der Tür Sport.

Claudia Eichhorst: Wie war es für dich, gerade nicht mehr zur Schule zu gehen?

Munifa: Die Situation mit der Schule und dem Lernen zu Hause ist schwer für mich. Manchmal weiß nicht was ich machen muss, weil ich die E-Mails der Lehrer nicht verstehe. Ich frage dann nach, aber wenn der Lehrer mit einer E-Mail antwortet, ist das nicht wie in der Schule. Das macht es schwer, die Aufgaben zu bearbeiten.

Ich war heute (Montag, 20.4.2020) zum ersten Mal wieder in der Schule, weil ich mich auf meine MSA-Prüfung vorbereiten muss. Die Präsentation sollen wir in zwei Tagen halten. Das wird schwer, weil ich mich nicht einmal mit den Mitschülern treffen konnte, mit denen ich jetzt gemeinsam präsentieren muss. Wir sind mit den Vorbereitungen nicht weit gekommen. Das liegt auch daran, dass mir das nötige Computerprogramm dafür fehlt: ich habe hier zuhause kein Power Point. Aber jetzt müssen wir die Prüfung so gut es geht machen.

Claudia Eichhorst: Bekommst du etwas mit über die Situation mit dem Coronavirus in deinem Herkunftsland, dem Irak?

Munifa: Meine Stiefmutter und drei von meinen Stiefgeschwistern leben dort im Irak. Dort sind weniger Menschen angesteckt als in Deutschland. Aber die Situation im Irak ist auch schwer, denn die Maßnahmen sind stärker als hier. Die Menschen dürfen dort nicht mal zu zweit rausgehen, nicht mal alleine. Sie bekommen Lebensmittel und Getränke vom Staat, damit sie nicht einkaufen gehen müssen. In Städten, in denen es mehr Coronainfektionen gibt, steht die Polizei auf der Straße, um sicherzustellen, dass die Leute wirklich nicht rausgehen.

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