„SEELSORGE IST IN DIESEN WOCHEN UND MONATEN GEFRAGT“ - Ein Blick ins Altenpflegeheim in Zeiten von Corona

„SEELSORGE IST IN DIESEN WOCHEN UND MONATEN GEFRAGT“ - Ein Blick ins Altenpflegeheim in Zeiten von Corona

„SEELSORGE IST IN DIESEN WOCHEN UND MONATEN GEFRAGT“ - Ein Blick ins Altenpflegeheim in Zeiten von Corona

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„SEELSORGE IST IN DIESEN WOCHEN UND MONATEN GEFRAGT“ - Ein Blick ins Altenpflegeheim in Zeiten von Corona

Anette Didrich war seit August 2012 Seelsorgerin im Vivantes-Krankenhaus Neukölln. Zum 1. Juni hat sie eine Pfarrstelle als Seelsorgerin im Erich-Raddatz-Haus und im Haus Elisabeth angetreten. Sie berichtet davon, wie die Coronakrise die Bewohner*innen der Altenpflegeheime belastet: Als Risiko-Gruppe sind ihnen Besuche und Kontakte auch jetzt noch nur sehr eingeschränkt möglich. 

Bei dem Wort „Altenpflegeheim“ fallen manchen von Ihnen sicherlich Bilder der letzten Wochen ein: Besucher, die vor den Fenstern von Pflegeheimen stehen und sich mit der dort im 1. Stock wohnenden Mutter unterhalten. Im Ruhrgebiet konnte man an einer Verlosung teilnehmen: der Gewinner bekam einen „Besuch“ mit einem Drehleiterfahrzeug in bisweilen schwindelerregender  Höhe am offenen Fenster geschenkt! Auch Kommentare hat es zu diesem Thema gegeben, bisweilen voller Traurigkeit oder Wut.

Zum 1.6.2020, mitten in der Corona-Krise, habe ich meine neue Pfarrstelle als Seelsorgerin im Erich-Raddatz-Haus und im Haus Elisabeth angetreten. Bis dahin habe ich im Klinikum Neukölln gearbeitet und miterlebt, wie sich die Besuchs- und Kontaktregeln dort auswirken. Immerhin: die Patienten im Krankenhaus werden entlassen und können dann wieder ihrem normalen Leben nachgehen. Im Pflegeheim ist die Lage anders: Bewohner in den Altenpflegeheimen haben wochenlang keinen Besuch gehabt, kein längeres Gespräch geführt, sich nur in ihrem Zimmer aufgehalten.  Natürlich haben die alten Menschen unter der Situation gelitten, natürlich haben sie Gespräche und Besuche mit und von Angehörigen oder anderen vertrauten Personen vermisst.  Aber es gab keine Alternative. Es ist den Bewohnerinnen und Bewohnern, dem Pflegepersonal, den Leitenden und anderen Diensten zu verdanken, dass diese Situation durchgehalten werden konnte: mit Geduld, mit aufmunternden und tröstenden Worten, mit erhöhtem Arbeitsaufwand.  Erkrankungen und Todesfälle durch Corona sind im Haus Elisabeth und im Erich-Raddatz-Haus nicht aufgetreten.

Dann gibt es auch den Zusammenhalt im Heim, das sollte nicht vergessen werden. Alle miteinander – Bewohner, Pflegende, eben alle Dienste – stützen sich gegenseitig und bilden eine große Gemeinschaft. Keiner ist allein. Bisweilen geht es sogar ganz lustig zu!

Inzwischen sind Lockerungen eingetreten und es wurde ein Besuchskonzept erarbeitet. Das Diakoniewerk und die Mitarbeitenden vor Ort geben sich  Mühe und haben einen erheblichen Aufwand damit, dass jeder Bewohner einmal in der Woche Besuch empfangen kann. Maßgebend dabei ist die Frage, wie Angehörige die Bewohner sehen können und wie trotz der Lockerungen die Sicherheit der alten Menschen gewährleistet wird.  Meistens stößt das Konzept auf Verständnis, aber leider nicht immer.

Seelsorge ist in diesen Wochen und Monaten gefragt. Wir sind alle auf Reden und Erzählen ausgelegt – und gerade ältere Menschen haben viel zu erzählen. Der Rückblick auf die vergangenen Jahrzehnte und die Reflexion darüber spielen eine Rolle. Trost für das, was nicht gelungen und nicht abgeschlossen wurde, wird gesucht. Zuversicht und Hoffnung für die noch bevorstehende Lebenszeit und darüber hinaus sind elementar.  Orientierung in der Pandemie spielt eine wesentliche Rolle.  Die Zusage Gottes „Ich will euch tragen bis zum Alter hin“ (Jes. 46,4) gilt in besonderer Weise.  Alles das hat im seelsorgerlichen Gespräch und in der seelsorgerlichen  Begleitung seinen Platz und seine Berechtigung. Nochmal: Seelsorge ist in diesen Wochen und Monaten gefragt!

Anette Didrich

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