AN DER OBERBAUMBRÜCKE:

AN DER OBERBAUMBRÜCKE:

AN DER OBERBAUMBRÜCKE:

# Mauerfall

AN DER OBERBAUMBRÜCKE:

Alix Rehlinger, Fachbereichsleitung Soziales & Diakonie im Diakoniewerk Simeon

Am 9. November 1989 wohnte ich am Schlesischen Tor in Kreuzberg mit Blick auf die Spree und die dahinter liegende Mauer. Am  1. Mai hatte ich die Demonstrati-onszüge mit den großen roten Fahnen vom Balkon aus sehen können...

Am Abend des 9. Novembers kam ich gegen 23 Uhr mit der U-Bahn nach Hause – noch ahnungslos von den jüngsten Ereignissen. Ich wunderte mich deshalb, dass so viele Menschen auf der Straße waren und eine aufgeregte Stimmung herrschte. So ging ich dem Menschenstrom entgegen bis zur nahegelegenen Oberbaumbrücke, die ich bisher nur als verrammelte ruhige Grenze gekannt hatte.

An diesen Abend aber waren die Grenztore offensichtlich geöffnet. Menschen von der ostberliner Seite strömten nach Kreuzberg herein, weinten, schrieen und umarmten sich. Westberliner begrüßten die Kommen-den mit Sekt; Grenzposten standen verunsichert daneben. Es war ein unfassbarer Moment. Obwohl ich das alles mit eigenen Augen  und  direkt vor meiner Haustür sah und erlebte, begriff ich das Ausmaß dessen, was geschah, dennoch erst Tage später wirklich.

Bis drei Uhr morgens stand ich auf der Brücke in dem allgemeinen Trubel und heulte und feierte mit hunderten von Unbekannten und Nachbarn aus meiner Straße. Am Ende sah ich eine Frau mit einer Rolle Toilettenpapier unterm Arm auf dem Rückweg nach Ostberlin: „Das nehme ich als Erinnerung mit”, rief sie lachend, „weiches Klo-papier”. Ich ging überwältigt nach Hause, wo deutsche Freunde aus den USA anriefen und ungläubig fragten, ob das denn wirklich wahr wäre: die Grenze sei offen!?

In den nächsten Tagen erfuhr ich, dass ich schwanger war. Mein Sohn würde also in einem neuen, vereinten Deutschland aufwachsen. Ich war unglaublich glücklich...

Dies könnte Sie auch interessieren

0
Feed